Neues Verbraucherinsolvenzverfahren ab 2021?

1. Altes Recht bis 2014

Für die Verfahrensdauer galt bis 2014 eine einfache und klare Regelung:
→ Die regelmäßige Restschuldbefreiung dauerte mindestens 6 Jahre.

2. Aktuelles Recht ab 2014

Zuletzt trat zum 01.07.2014 eine Reform des Verbraucherinsolvenzverfahrens in Kraft. Bezogen auf die Verfahrensdauer hat diese Reform folgende wesentliche Änderungen gebracht:
→ Eine vorzeitige Erteilung der Restschuldbefreiung ist nun möglich nach bereits 3 bzw. 5 Jahren.

Die regelmäßige Verfahrensdauer beträgt zwar nach wie vor 6 Jahre. Allerdings verkürzt sich diese Frist aber:

  • auf drei Jahre (gem. § 300 Abs. 1 Ziff. 2 InsO), wenn es dem Schuldner gelingt es, mindestens 35 % der Schulden, die Gläubiger angemeldet haben, sowie die gesamten Verfahrenskosten in diesem Zeitraum zu zahlen.
  • auf fünf Jahre (gem. § 300 Abs. 1 Ziff. 3 InsO), wenn es dem Schuldner innerhalb dieses Zeitraums zumindest gelingt, die gesamten Verfahrenskosten (im Regelfall ca. ca. 1.500 – 3.000 EUR) abzutragen.

3. Neues Recht ab 2021?

2019 wurde eine europarechtliche Richtlinie verabschiedet, die vorsieht, dass das Restschuldbefreiungsverfahren für Unternehmer generell auf drei Jahre verkürzt wird – ohne die zur Zeit geltende Quote von 35% Schuldentilgung. Die heute geltenden Mindestbefriedigungsquoten fallen in der Zukunft wieder weg.

Obwohl in der Richtlinie von Unternehmen und Unternehmer die Rede ist, werden die Regelungen auch für natürliche Personen gelten. Eine Ungleichbehandlung ist schon verfassungsrechtlich nicht zulässig. Zudem läuft in Deutschland das Restschuldbefreiungsverfahren für Unternehmer mit dem der Verbraucher synchron. Es wird daher für alle Schuldner regelmäßig eine Restschuldbefreiung nach drei Jahren erteilt werden.

Europarechtliche Richtlinien müssen nach zwei Jahren in nationales Recht umgesetzt werden. Es ist daher davon auszugehen, dass im Sommer 2021 das regelmäßige sechsjährige Restschuldbefreiungsverfahren geändert wird.

Alle Schuldner in Deutschland werden dann künftig in der Regel nach drei Jahren schuldenfrei sein.

4. Was tun in der Zwischenzeit?

Soll für neue Insolvenzanträge abgewartet werden, bis das neue Verfahrensrecht gilt?

Zur Beantwortung dieser Frage sind die persönlichen Umstände unserer Mandanten für die Entscheidung wichtig. Wird bei jemandem beispielsweise bereits der Lohn gepfändet, macht ein Abwarten wenig Sinn. Ist jemand unpfändbar, hält aber den Druck der Gläubiger durch die Mahnschreiben, Pfändungen und sonstigen Vollstreckungsmaßnahmen nicht gut aus, dann kann die jetzige 5-Jahres-Regelung immer noch die bessere Alternative sein.

Außerdem gehen wir davon aus, dass sich die Änderungen auf die Gestaltung der außergerichtlichen Einigungsversuche auswirken, bei der Laufzeit und Höhe.

Zudem soll eine Übergangsregelung sicherstellen, dass es beim Übergang zum künftigen Recht zu keiner abrupten Verkürzung der maßgeblichen Fristen kommt, weil dies Fehlanreize setzen und ungerechte Ergebnisse produzieren könnte.

Haben Sie hierzu Fragen? Wir gehen detailliert auf ihre persönliche Situation ein und können Sie gezielt beraten.

Insolvenz Autohaus Wichert, Hamburg

Insolvenz Autohaus Wichert Hamburg

Das Autohaus Wichert ist das größte Autohaus Norddeutschlands mit ca. 1.400 Mitarbeitern an 23 Standorten.

Was ist passiert?

In den vergangenen Jahren ist das Autohaus Wichert zum größten Autohändler in Norddeutschland aufgestiegen und vertreibt Marken wie VW, Audi, Seat und Skoda. Es beantragte soeben ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung. Wichert selbst macht für die Krise vor allem die von VW verursachte Dieselproblematik verantwortlich, was sich in den drastisch gesunkenen Wiederverkaufswerten von gebrauchten Dieselautos zeigt. Zudem sieht Wichert in den vom VW-Konzern vorgegebenen „Service-Preisen“ ein Problem.

Vom Insolvenzgericht wurde als vorläufiger Sachwalter RA Dr. Sven-Holger Undritz berufen. Auf Seite des Autohaus Wichert sind die beiden Rechtsanwälte Prof. Dr. Gerrit Hölzle und Dr. Thorsten Bieg als Restrukturierungsgeschäftsführer eingestiegen.

In den öffentlichen Medien wird darüber spekuliert, dass der VW-Konzern einen Einstieg bei dem Autohaus Wichert als Investor prüft.

Wie ist die Kanzlei Rohé & Beck beteiligt?

Wir vertreten Käufer die bereits vorab ihren Kaufpreis gezahlt haben und nun auf die Auslieferung ihrer Fahrzeuge warten. Dazwischen kam es zum Insolvenzantrag.

Bislang heißt es von Seiten des Autohauses Wichert, man prüfe die Verträge, bis auf weiteres wird kein Auto herausgegeben. Hier ist es so, dass sich im Insolvenzverfahren der eingesetzte Insolvenzverwalter raussuchen kann, ob er Verträge, sofern diese von beiden Seiten nicht vollständig erfüllt sind, erfüllen möchte, oder eben nicht. Hier ist auch von Käuferseite der Kaufvertrag nicht vollständig erfüllt, weil er noch nicht im Besitz des Fahrzeuges ist. Üblicherweise wird ein Insolvenzverwalter die „Nichterfüllung“ wählen. Dann darf der Verwalter das Fahrzeug behalten und könnte es beispielsweise weiter verkaufen. Dem Käufer bleibt dann nur die Möglichkeit, seinen vorab gezahlten Kaufpreis als Insolvenzforderung zur Insolvenztabelle anzumelden und zum Abschuss des Insolvenzverfahrens auf eine (geringe) Quote zu hoffen.

Wir monieren für unsere Mandanten die Kenntnis der Geschäftsführung von der Krise und dem beabsichtigten Insolvenzantrag. Warum lässt die Geschäftsführung die Kunden in die Falle tappen und zieht sich dann aus der Affäre mit Verweis auf irgendwelche insolvenzrechtliche Regelungen zum Schaden der Kunden? Die Folge ist ein massiver Vertrauensverlust.

Update 27.02.2020

Zuletzt erhielten wir am 27.02.2020 von der Geschäftsleitung von Wichert folgende Mitteilung:

„Wir stehen aber in fortgeschrittenen Verhandlungen mit dem Konzern über eine Kulanzlösung, über die wir die Auslieferung des von Ihrem Mandanten bestellten Fahrzeugs darstellen können. Wir gehen davon aus, dass wir insofern bis Ende kommender Woche ein Ergebnis haben und geben Ihrem Mandanten dann entsprechend Bescheid.“

Es ist also durchaus möglich, dass bereits gekaufte Fahrzeuge zeitnah an die Kunden herausgegeben werden. Wir würden ein solches Ergebnis für unsere Mandanten begrüßen. Ob dies an weiteren Bedingungen oder Gegenleistungen der Kunden geknüpft ist, wird nicht weiter erwähnt. Wir werden Sie über die weitere Entwicklung informieren.

Falls Sie ebenfalls ein insolvenzrechtliches Problem haben, kommen Sie auf uns zu. Wir helfen Ihnen gerne.

Update 06.03.2020

Unsere Mandanten erhielten heute vom Autohaus Wichert telefonisch das OK der Auslieferung der Autos. Die Auslieferungen sollen in den nächsten Tagen erfolgen, sobald von der Geschäftsleitung die Freigabe hierzu kommt.

Details zu Insolvenz der Thomas Cook GmbH

Wie geht es mit dem Unternehmen weiter?

Laut eigener Pressemeldung von Thomas Cook wurde bereits für die verschiedenen Gesellschaften jeweils vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet. Dies dient der Sicherung, dass keine nachteiligen Veränderungen in der Vermögenslage der insolventen Gesellschaften entstehen. Hierzu gibt die Thomas Cook GmbH folgende Meldung ab:
„Die Thomas Cook GmbH, Deutschlands zweitgrößter Reiseveranstalter, hat am Mittwoch, den 25.09.2019, beim Amtsgericht Bad Homburg für sich und zwei ihrer Tochtergesellschaften, die Thomas Cook Touristik GmbH und die Bucher & Öger Tours GmbH, Anträge auf die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt. Das Amtsgericht ist am gleichen Tag den Anträgen gefolgt und hat Rechtsanwalt Fabio Algari, Rechtsanwalt Ottmar Hermann und Rechtsanwältin Julia Kappel-Gnirs von der Kanzlei hww hermann wienberg wilhelm als vorläufige Insolvenzverwalter bestellt. Rechtsanwalt Algari wird für die Thomas Cook GmbH, Rechtsanwalt Hermann für die Thomas Cook Touristik GmbH und Rechtsanwältin Kappel-Gnirs für die Bucher & Öger Tours GmbH zuständig sein.“

Durch das Insolvenzgeld sollen jedenfalls bis Ende November 2019 die Löhne und Gehälter der über 2.000 Mitarbeiter gesichert sein. Bis dahin wird ein ordnungsgemäßer Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten sein.

Schlechte Nachrichten für Thomas-Cook-Kunden

In der öffentlichen Presse wird bekannt, dass die Kunden wohl nicht mit einer vollen Erstattung ihrer Zahlungen rechnen können. Der Versicherer Zurich teilte zwar mit, dass die Reisen mit der deutschen Thomas Cook zwar versichert sind. Allerdings gilt das nur bis zu einem gedeckelten Betrag bis zu 110 Mio. € insgesamt. Aus Verbraucherschutzkreisen ist zu hören, dass dieser Betrag bei weitern nicht ausreicht:

Felix Methmann (Bundesverband der Verbraucherzentralen) sagte in einem Spiegel-Interview:

„Ich habe meine Zweifel. Hier geht es um einen der drei größten Veranstalter. Rechnen Sie mal: Wenn 140.000 Urlauber gestrandet sind und der Rückflug pro Person 500 Euro kosten würde, dann wären schon 70 Millionen von den 110 Millionen Euro weg. Und dann kommen erst die Ansprüche Zehntausender oder Hunderttausender Kunden, die ihre Reise noch gar nicht angetreten haben. Es ist gut möglich, dass die Reisenden draufzahlen müssen – und einen Teil ihrer Kosten nicht erstattet kriegen…“

Die Frage die sich nun stellt ist, mit welchen Zahlungen die Kunden von der Versicherung rechnen können. Zu Ermittlung der Quote werden die Ersatzansprüche der versicherten Summe gegenübergestellt und quotiert. Wenn also die Schadenssumme doppelt so hoch ist wie die versicherte Summe, würden die Ansprüche zur Hälfte gedeckt.

An wen können sich Thomas-Cook-Kunden wenden?

Laut Pressemeldung von Thomas Cook GmbH können sich Betroffene bei folgendem Kontakt melden und Ansprüche geltend machen:

Zurich Insurance plc Niederlassung für Deutschland beauftragten Dienstleister Kaera (Telefonnummer: 06172 99761123, Website: www.kaera-ag.de).

Dort ist ein Formular zur Geltendmachung der Ansprüche verlinkt.

Was ist, wenn die Versicherungsleistungen nicht ausreichen, um ihren Gesamtschaden zu decken?

Für diesen Fall nehmen Sie bitte Kontakt zu uns auf. Wir können ihre Ansprüche beim jeweiligen Insolvenzverwalter im Rahmen einer Forderungsanmeldung geltend machen. Damit wird sichergestellt, dass Sie später bei den Schlussausschüttungen aus dem Insolvenzverfahren auch ihren Anteil erhalten.

Für weitere Fragen rund um das Insolvenzverfahren nehmen Sie bitte Kontakt zu uns auf.